Über ein Studium im Land der Fahrräder, Grachten und unendlich vielen Tulpen haben wohl schon viele nachgedacht. Unser Nachbar im Nordwesten zieht jedes Jahr rund 22.000 deutsche Studenten an. Aber wieso entscheiden sich eigentlich so viele Deutsche für ein Studium in Holland? Hier erklären wir dir was für Vorteile (und Nachteile) ein Studium oder Auslandssemester in den Niederlanden mit sich bringen kann.
Die Niederlande haben einige der renommiertesten Universitäten der Welt. Fast alle der 14 staatlichen Unis fallen unter die Top 200 im weltweiten University Ranking. Außerdem sind niederländische Hochschulen sehr stark international ausgerichtet. Ein Großteil der Studiengänge wird in Englisch unterrichtet, sodass du nicht erst Niederländisch lernen musst. Bei Masterstudiengängen sind sogar über 70 % englischsprachig. Aber nicht nur die Universitäten glänzen im internationalen Vergleich, auch die 40 staatlichen Fachhochschulen (“University of Applied Sciences”) können sich sehen lassen. Diese sind nicht ganz so theoretisch, dafür aber praxisorientierter. Die Regelstudienzeit für einen Bachelor beträgt wie in Deutschland 3 bis 4 Jahre bzw. 6 bis 8 Semester. Ein Masterstudium ist entsprechend auf 2 bis 4 Semester ausgerichtet.
Anders als in Deutschland gibt es in den Niederlanden keinen Numerus Clausus. Zwar gibt es örtliche Zulassungsbeschränkungen, aber deine Abiturnote spielt beim Auswahlverfahren eher eine untergeordnete Rolle. Jeder Studiengang hat andere, fachspezifische Auswahlverfahren und Zugangsvoraussetzungen, wie zum Beispiel Eignungstests, Sprach-Zertifikate und bestimmte Kurse in der Schule belegt zu haben.
Für englischsprachige Studiengänge wird oft ein TOEFL-, IELTS- oder Cambridge-Zertifikat verlangt. Solange du diese Voraussetzungen erfüllst und ein gutes Bewerbungsschreiben hinzufügst, wirst du meist für den Studiengang angenommen.
Nur in seltenen Fällen ist die Anzahl der Studienplätze limitiert und mit einem Numerus fixus belegt. Anders als beim Numerus Clausus, werden hierbei die Studienplätze unter den Bewerberinnen und Bewerbern verlost. Dabei hat ein 3er Abi dieselbe Chance auf einen Studienplatz wie ein 1er Abi.
Das Notensystem in den Niederlanden geht von 1 bis 10. Prinzipiell brauchst du eine 6 um zu bestehen, aber viele Universitäten runden auch ab einer 5,5 auf eine 6 auf. Die Noten 9 und 10 werden sehr selten und nur bei besonders herausragender Leistung vergeben. Daher liegen die meisten Noten zwischen 6 und 8, wobei 8 schon sehr gut ist.
Die Studiengebühren in den Niederlanden sind höher als in Deutschland. Für das Studienjahr 2018/19 werden 2.060 € verlangt. Jedes Jahr steigen diese Gebühren ein wenig an. Zweitausend Euro – das hört sich jetzt erstmal sehr viel an, aber in den Universitäten merkt man auch wo das Geld hingeht. Die Unis in den Niederlanden sind immer auf dem neuesten Stand und die Ausstattung ist hochmodern. Dort sind überfüllte Hörsäle und Sitzplatzmangel in der Uni Bibliothek kein Problem. Man findet immer ein ruhiges Plätzchen zum Lernen und Tutorien werden meist in kleiner Runde mit maximal 20 Leuten gehalten. Dadurch wird der ganze Lernprozess viel entspannter und effektiver.
Die Studiengebühren kann man leicht mit Auslands-BAföG finanzieren, denn bis zu 4.600 € an Zugaben für Studiengebühren im Jahr sind gewährleistet. Wenn du jedoch nicht BAföG-berechtigt bist, gibt es auch noch niederländische Finanzierungsmöglichkeiten. Leider gibt es hier einen kleinen Haken: Um die niederländische Studienfinanzierung als EU-Bürger zu bekommen, musst du 56 Stunden im Monat arbeiten. Wenn du dieses Kriterium erfüllst, kannst du einen Kredit von bis zu 862 € und zusätzlich für die Studiengebühren einen Kredit von 162 € pro Monat beantragen. Dazu bekommst du ein Ticket für alle niederländischen öffentlichen Verkehrsmittel, mit dem du wahlweise am Wochenende oder in der Woche gratis durch die ganzen Niederlande fahren kannst und sonst mit 40 %Rabatt. Eine weitere Möglichkeit wäre, einen Studienkredit mit geringen Zinsen in Deutschland aufzunehmen oder es mit einem Stipendium zu versuchen.
Unionsbürger dürfen innerhalb der EU uneingeschränkt reisen, leben und arbeiten. Ein Visum ist dafür nicht nötig. Sobald du eine Unterkunft gefunden hast, kannst du zum Rathaus gehen und dich dort anmelden. Dann kriegst du eine niederländische Sozialversicherungsnummer(“Bürgerservicenummer – BSN”) mit der du arbeiten, ein Konto eröffnen oder eine Versicherung beantragen kannst. Als Student in den Niederlanden kannst du deine deutsche Krankenversicherung behalten. Falls du dir jedoch einen Job in Holland suchen möchtest, brauchst du eine niederländische Krankenversicherung. Diese kostet ca. 100 €, was aber stark je nach Versicherung und Leistungen variieren kann. Von der niederländischen Regierung kann man aber einen Zuschuss beantragen, der je nach Einkommen bis zu 95 € beträgt.
Studieren in den Niederlanden hat viele Vorteile – die renommierten und modernen Universitäten, ein entspanntes Auswahlverfahren und die Nähe zu Deutschland machen die Niederlande attraktiv für Studenten. Bei den hohen Studiengebühren muss man natürlich erstmal schlucken, aber wenn man gut über Finanzierungsmöglichkeiten informiert ist, lässt sich auch das gut stemmen.
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass wir hier die ganze Zeit von Holland reden, obwohl eigentlich die Niederlande gemeint sind. Das ist in etwa so, als würde jemand Bayern als Synonym für Deutschland benutzen. Falls wir dir damit irgendwie zu nahe getreten sein sollten = Sorry! Wir Deutschen lieben unsere Nachbarn, außer beim Fußball 😉 Sonst würden wir nicht so gern bei euch studieren.
Die offizielle Hotline des Deutschen Studentenwerks ist erreichbar
von montags bis freitags 8 - 20 Uhr (kostenfrei).
Was denkst du?