Es ist endlich soweit, deine erste wissenschaftliche Seminararbeit steht an. Für die meisten kommt dieser Moment schon im ersten, zweiten oder spätestens im dritten Semester. Andere kommen bis zur Bachelorarbeit drum herum – was aber nicht zu empfehlen ist! Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass das Wichtigste beim wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben die Übung und Routine ist. Wer das nie durch Anwendung gelernt hat, wird bei der wichtigen Abschlussarbeit die ein oder andere schlaflose Nacht vor sich haben.
Damit das nicht passiert, möchte ich dir zeigen, wie du mit guter Planung und strukturierten Arbeiten erfolgreich in die Hausarbeiten-Praxis an deiner Uni startest. Doch auch geübte Schreiber haben meist die eine bestimmte Phase im Schreibprozess, vor der es sie jedes Mal graut. Bei mir ist es die Anfangsphase des Schreibens, andere kriegen bei dem Blick vor eine Bibliothekstür schon das Kotzen.
Die folgenden 5 Schritte sind sicherlich nicht das Allheilmittel und jeder muss seine eigene Arbeitsweise für wissenschaftliche Hausarbeiten entwickeln. Doch wenn du dich an diese fünf Schritt hältst, bringst du deine Arbeit GARANTIERT zu einem guten Abschluss. Inhaltlich ist dazu natürlich noch nichts gesagt aber ich zeige dir, wie du dich vorne und hinten gut absicherst, sodass nicht mehr viel schief gehen kann.
Die mit Abstand besten Tipps zum wissenschaftlichen Schreiben findest du im Buch „Wissenschaftlich schreiben leicht gemacht“ von Prof. Dr. Martin Kornmeier. Es ist mittlerweile in der 6. Auflage erschienen und wird von vielen Profs empfohlen. Es ist wirklich gut verständlich geschrieben und bietet auf so ziemlich jede Frage, die beim Schreiben aufkommt, eine Antwort. Eine absolut sinnvolle Investition, von der du das gesamte Studium über profitieren wirst.
Gar nicht so einfach, wie du vielleicht denkst? Es gibt verschiedene Heransgehensweisen an das Finden eines geeigneten Themas. In vielen naturwissenschaftlichen Studiengängen wird dir diese Entscheidung sowieso gerne abgenommen, da die Arbeit oft mit einem Seminar oder einer Vorlesung gekoppelt ist. Du bekommst in dem Fall dein Thema einfach zugeordnet.
Suche dir (wenn möglich) ein Thema, das dich wirklich interessiert, um es aus Perspektive deines Studiengangs wissenschaftlich zu untersuchen. Das mag erstmal einiges an Zeit fressen, die holst du aber später locker wieder rein. Nichts ist schlimmer als sich mit etwas zu befassen, dass einen zu Tode langweilt. Wenn du ehrlich interessiert bist, geht die Recherche dagegen fast von allein und der Lerneffekt wird dich überraschen.
In den Geisteswissenschaften ist es gängige Praxis, dass das Thema einer Arbeit zwar irgendwie mit einem Seminar zusammenhängt, in letzter Konsequenz aber mit dem jeweiligen Dozenten abgesprochen wird und sich thematisch so auch deutlich entfernen kann.
Das heißt auch, dass du hier deutlich mehr nach deinen Interessen auswählen kannst. Dozenten sind dabei aber die unumgängliche Instanz, denn die sagen dir schließlich ob dein Thema
Sei flexibel und kreativ, denn die besten Arbeiten sind meist die, die thematisch aus der Masse herausstechen! Ein „Vergleich zwischen der Position der Frau in Fontanes „Effi Briest“ und Shakespeares „Romeo und Julia“ mag zwar Interessant sein, ist aber unter Umständen schon hunderte Male geschrieben worden und daher weniger spannend.
Hast du dein Thema grob eingegrenzt, kannst du dir schonmal eine mögliche Gliederung für deiner Hausarbeit überlegen. Keine Sorge, die muss jetzt noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein! Es geht erstmal nur darum, dir selbst klarzumachen, wo die Reise lang gehen soll.
(Klassischer Aufbau: Einleitung, Hauptteil, Fazit)
Ich selbst arbeite hier viel mit einem A4-Zettel, auf dem oben groß geschrieben steht „Was will ich eigentlich zeigen/sagen?“. Darunter entwickle ich dann parallel zur Literaturrecherche Argumentationsstränge für die Arbeit.
Diese Frage ist der Mittelpunkt deiner Arbeit, denn du bildest ja zunächst eine Arbeitshypothese, die du versuchst, zu widerlegen oder zu beweisen. Behalte diese Frage immer im Hinterkopf, so verhinderst du, dass du dich irgendwann verrennst.
Rucksack mitnehmen und ab in die Bibliothek! Meine Erfahrung zeigt, dass diese Phase oft recht lange dauern kann. Wenn du dir hier aber Mühe gibst, hast du für den eigentlichen Schreibprozess schon eine gute Grundlage!
Das Internet kann für die ersten Schritte der Literatursuche gar nicht so schlecht sein. Googel einfach mal zu deinem Thema und schau, was passiert! Aber denk’ dran: Das Internet ist keine wissenschaftliche Quelle! Du kannst dir bei Wikipedia gut einen ersten Überblick verschaffen aber die eigentliche Arbeit startet erst DANACH!
Wenn du weißt, worum sich deine Arbeit dreht, kannst du im Onlineverzeichnis deiner Bibliothek einfach erstmal nach Schlagwörtern suchen. Die Standardwerke findest du damit mit ziemlicher Sicherheit aber du bist gut damit beraten, wenn du mit deiner Literaturauswahl doch nochmal deinen Prof aufsuchst. Er kennt das Forschungsfeld besser als du und weiß, wo gerade der Baum brennt. Er wird dir dann auch sagen, welche Quellen unbedingt in deinem Literaturverzeichnis auftauchen sollten! In diesem Gespräch könnt ihr dann auch direkt über deine vorläufige Gliederung sprechen. Du hast durch deine eigene Suche bereits selbst einen guten Einblick gewonnen und kannst so gemeinsam mit deinem Prof die Gliederung ins Reine bringen. Lass dir hier nicht alles aus der Hand nehmen, es wird ja deine Arbeit!
Hast du die ersten Bücher auf deiner Liste, lohnt sich ein Blick in die Bibliographie. Nach dem Schneeball-Prinzip kannst du dort nach weiteren Büchern für dein Thema schauen und hangelst dich so von Ast zu Ast deines Themenfeldes.
Um die gefundenen Literatur schneller durchzuarbeiten, lohnt es sich, sich mit Speedreading Techniken zu befassen. Du musst aber keinesfalls jedes thematisch passende Buch von vorn bis hinten durchlesen. LASS DAS! Es bringt nichts! 300 Seiten durchzuwühlen, um danach festzustellen, dass höchstens drei Seiten davon für dich interessant sind, sind pure Zeitverschwendung und mega frustrierend.
DESHALB: Dein erster Blick geht auf Einleitungen, Abstracts und Inhaltsverzeichnisse. Dort wirst du mit Sicherheit fündig und kannst so jede einzelne Quelle SELEKTIV lesen. Noch besser: Suche nach einer E-Book-Asugabe des Buchs z.B. bei Google Books und such darin nach bestimmten Schlagwörtern. Meist findest du eine kleine Vorschau zum entsprechenden Abschnitt. Manchmal reicht der schon, wenn nicht, kannst du dir immernoch das Buch besorgen und die Seiten rund um diese Stelle lesen. Auf Amazon gibt es übrigens so gut wie jedes Buch in der neusten Auflage. Falls es in deiner Bibliothek und auch über Fernleihe nicht verfügbar sein sollte, kann Amazon eine gute Alternative sein. Dank 30 Tagen Rückgaberecht ist das finanzielle Risiko überschaubar.
Deine Literaturliste steht, dein Prof ist einverstanden und dein Schreibtisch besteht aus Bücherstapeln und dem Laptop? Dann geht es jetzt ans Eingemachte!
Spätestens hier solltest du deine Gliederung, die du mit deinem Prof abgestimmt hast, groß und gut sichtbar irgendwo anlegen. Ob Whiteboard, als Post-Its an der Wand oder ausgedruckt auf dem Schreibtisch: Hauptsache, du hast sie während der Arbeit immer im Blick! Es gibt nichts Schlimmeres, als festzustellen, dass die letzten vier geschriebenen Seiten praktisch am Thema vorbeigehen und eigentlich nicht mehr zur Gliederung passen.
Es kann von Vorteil sein, sich auch immer nur ein Kapitel fokussiert vorzunehmen. Um maximal motiviert und produktiv zu bleiben, kann dir die Pomodoro-Technik helfen. Aber denk dran: Alles muss am Ende einen Roten Faden ergeben!
Ordne deine Literatur den einzelnen Kapiteln zu und bearbeite sie auch entsprechend. Mithilfe eines Literaturverwaltungsprogramms, wie Citavi oder Endnote, kannst du eine tolle Übersicht mit Zitaten und Exzerpten schaffen, die dir den Schreibprozess enorm erleichtert. Einzelne Schlagworte helfen dir dann, die Textauszüge thematisch zu verorten. Außerdem brauchst du dir keinen Schädel mehr über Zitierweise und Quellenverzeichnis machen. Das erledigen solche Programme nämlich für dich.
Hier gibt es verschiedene Wege nach Rom – schau einfach mal, was dir da am besten gefällt! Ich selbst nutze dafür, wie du dir wahrscheinlich schon denkst, Evernote!
Ob handschriftlich oder schon direkt am PC: Die Rohfassung ist wichtig! Niemand schafft es, eine abgebbare Arbeit in einem Schwung direkt runterzuschreiben. (Wer das schafft und eine gute Note dafür kriegt: Respekt!)
Deshalb macht es Sinn, erstmal drauf los zu schreiben. Den Schreibprozess in Gang zu bringen ist ein wichtiger Schritt (der mir immer sehr schwer fällt). Also erstmal eine Rohfassung schreiben, die noch nicht formatiert ist oder richtige Zitationen enthält (dafür hast du dann Schritt 5!). Es geht nur darum, deine Gedanken schonmal zusammenhängend zu verschriften und einen Textkörper zu erhalten. Glaub mir, es ist viel motivierender, an einem bestehenden Text weiterzuarbeiten, als auf ein leeres Blatt zu starren. Die „Angst vor dem leeren Blatt“ ist keine leere Phrase!
Du bist mit deinem Argumentationsgang zufrieden? Im Abgleich mit deinem vorher aufgestellten Konzept zeigt dir, dass du die Frage „Was will ich eigentlich zeigen/sagen?“ nun im Fazit der Arbeit tatsächlich beantwortet hast? Dann geht es nun in die finale Phase: Das Lektorat. Zunächst einmal schaust du deinen Text durch und passt alle Zitate entsprechend der für dein Fach geltenden Konventionen an. Danach schreibst du entsprechend dein Literaturverzeichnis zusammen. Übrigens kann man mit Word ebenfalls ein automatisches Literaturverzeichnis erstellen, sofern man den internen Literaturmanager verwendet. Hier gibt's eine einfache Videoanleitung. Dasselbe gilt natürlich auch für alle anderen Verzeichnisse in deiner Arbeit.
Sobald die Arbeit fertig formatiert ist lies sie nochmal in aller Ruhe auf Rechtschreibung, Interpunktion und Ausdruck durch. Nimm dir dafür Zeit! Ideal ist es, wenn zwischen Fertigstellen des Manuskripts und Lektorat mindestens ein Tag liegt. Dann ist die „Distanz zum Text“ wieder mehr gegeben und du liest tatsächlich deinen Text und projizierst nicht deine Gedanken auf den Textkörper und übersiehst so alles. Eine zweite und auch dritte Person sollte dieses Lektorat dann ebenfalls nochmal übernehmen und wenn dann alle Typos (= Rechtschreibfehler) beseitigt sind —> ABGEBEN!
Ein gutgemeinter Tipp zum Schluss: Ist das Lektorat abgeschlossen und die Arbeit gedruckt: LIES SIE NICHT MEHR! Du ersparst dir schlaflose Nächte und enorme Druckkosten, wenn du die Arbeit dann einfach abgibst und nicht mehr anschaust. Du wirst immer wieder Sachen finden, die du ändern möchtest, aber dann nicht mehr ändern kannst.
Die Arbeit ist gut, so wie sie jetzt ist 🙂
Jeder Student hat sicherlich seine eigenen Strategien, um solch große Projekte, wie Seminararbeiten oder Abschlussarbeiten zu bewältigen. Probiere dich aus! Sich selbst kennenzulernen ist ein wichtiger Prozess, den jeder bei wissenschaftlicher Arbeit durchlaufen muss.
Motiviert Studiert
Liebe Grüße
Daniel
Inessa
auf das Thema bin ich durch persönliches Interesse gekommen. Ich komme ursprünglich aus Kasachstan und lebe nun über 20 Jahre in Deutschland. Mich hat es schon immer interessiert, wie MigrantInnen sich definieren und das Leben in einer neuen Umgebung erleben. Auf Sprache bin ich gekommen, da es das Thema Identität ein bisschen greifbarer macht. Ich bin schon soweit, dass ich mich entschieden habe, 4 narrativ-biographische -geleitete Interviews mit russlanddeutschen Spätaussiedlern zu machen. Meine Fragestellung lautet wie folgt: Wie wird Identität über Sprache bei russlandeutschen Spätaussiedlern neu verhandelt? Woran ich gerade sitze und Schwierigkeiten habe, ist der Titel und die Gliederung. Ich hatte mir überlegt, als Hauptquelle das Werk "Die Frage der Kulturellen Identität" von Stuart Hall zu nehmen. Was hälst du bisher von meiner Idee?
Liebe Grüße
Inessa
Björn
ich melde mich jetzt hier mal stellvertretend für Luisa ;)
Interessantes Thema! Gerne können wir uns dazu mal austauschen, da ich selbst in die Richtung mal gearbeitet habe und aus persönlicher Erfahrung auch einige Einblicke in die Thematik habe. Schreib mir doch einfach mal eine Mail an bjoern@studierenplus.de - dann können wir uns dazu mal austauschen! Ich habe da bestimmt auch einige Literaturtipps für dich. Erzähl mir dann einfach mal, in welche Richtung du grade so überlegst!
LG
Björn
Inessa
ich stehe vor der Bachelorarbeit und benötige Hilfe bei der Themenfindung, eher gesagt, der Findung einer spezifischen Frage.
Ich studiere Kulturwissenschaft und mein persönliches Interesse liegt im Bereich der Identität und Sprache, vor allem bei Migranten.
Luisa
ein bisschen mehr Background-Info dazu wäre gut. Wie bist du denn auf das Thema gekommen?
LG Luisa
Was denkst du?