Arbeitslos nach Studium? Nach Jahren harter Schufterei für Prüfungen und dem Besuch zahlreicher Vorlesungen und Seminare sollte man meinen, man sei gut ausgebildet und fände direkt einen Job. Zunächst einmal der Rat: Hab keine Angst – Du bist nicht allein! Die Gedanken kommen und gehen. Es gilt einen klaren Kopf zu bewahren und sich nicht auf die faule Haut zu legen. Von Nichts kommt Nichts. Eine Beratung bei der Bundesagentur für Arbeit ist für jeden sinnvoll, der nicht sofort einen Job sicher hat. Dort findest du direkt Hilfe an der Quelle. Die Kosten für Wohnung, Auto und das alltägliche Leben müssen trotzdem gedeckt werden. BAföG als finanzielle Unterstützung gibt es nur für die Zeit während des Studiums. Also was jetzt?
Diese Optionen können abhängig von deiner Lebenssituation in verschiedenen Kombinationen auftreten. Was davon auf dich zutrifft und was du dafür tun musst, gehen wir jetzt Schritt für Schritt gemeinsam durch:
Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I) hat nur, wer in den letzten drei Jahren mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat, also Teilzeit oder Vollzeit. Selbstständigkeit, Minijobs und Werkstudentenstellen zählen nicht, da du dafür keine Arbeitslosenversicherung zahlst. Die meisten Absolventen haben deshalb keinen Anspruch auf ALG1.
Die Höhe des Arbeitslosengeld 1 richtet sich nach deinem eigenen letzten Einkommen. Solltest du Anspruch auf ALG1 haben, kannst du dir die voraussichtliche Höhe hier ausrechnen lassen.
Wohngeld ist ein Zuschuss zur Miete. Ziel ist es, dich aus Hartz 4 rauszuhalten. Im Grunde kann es von jedem beantragt werden, der es schafft mindestens 80% des Hartz 4 Satzes aus anderen Quellen zusammenzukratzen. Wobei beim Wohngeld für Studenten besondere Regeln gelten. Wohngeld wird immer für den gesamten Haushalt gewährt. Für dich als AbsolventIn besteht die Herausforderung deshalb darin, zusammen mit den Mitgliedern deines Haushalts nicht zu viel und nicht zu wenig Einnahmen zu verfügen.
Wohngeld kann mit ALG1 problemlos kombiniert werden. Eine Kombination mit BAföG ist unter bestimmten Bedingungen möglich. Haushaltsmitglieder, die ALG2 bekommen, werden aus der Wohngeldberechnung ausgenommen.
Wer Kindergeld für ein eigenes oder adoptiertes Kind erhält, kann einen Zuschlag von bis zu 160 € pro Monat und Kind erhalten. Wie beim Wohngeld gibt es auch hierfür bestimmte Einkommensgrenzen nach oben und unten.
Das Mindesteinkommen für Alleinerziehende liegt aktuell bei 600 € und für Paare bei 900 € brutto. Dazu zählen alle deine Einnahmen außer das Kindergeld.
Arbeitslosengeld 1, Wohngeld und Kinderzuschlag können miteinander kombiniert werden. Alle drei Leistungen haben Vorrang vor Hartz 4.
Erst wenn du keinen Anspruch auf ALG 1, Wohngeld und Familienzuschlag haben solltest oder trotz dieser Leistungen und ggf. deines Jobs immernoch unter den Hartz 4 Regelsatz fällst, dann fängt dich ALG 2 auf.
Wie auch beim Wohngeld und Kinderzuschlag zählt bei der Berechnung deines Hartz4-Anspruchs das gesamte Haushaltseinkommen. Ob du Geld bekommst oder nicht, hängt also auch von deinen Mitbewohnern ab, sofern ihr nicht nur eine reine Zweck-WG seid.
Das Amt geht davon aus, dass du folgende Summen zum Leben brauchst, erreichst du diese nicht aus eigener bzw. gemeinschaftlicher Kraft, zahlt das Jobcenter die Differenz.
Hinzukommt deine tatsächlich anfallende Bruttowarmmiete (Angemessenheit vorausgesetzt) anteilig für alle ALG2 berechtigten Haushaltsmitglieder, abzüglich jeglicher Art Einnahmen aus anderen Quellen und deines Vermögens sofern es die für dich zulässigen Freibeträge übersteigt.
Wenn du alleine wohnst, keinerlei Einnahmen hast und beispielsweise 500 € Miete zahlst, liegt dein Bedarf bei 932 €.
Wohnst du mit deinem Partner oder Partnerin zusammen (verheiratet oder nicht ist egal) läge euer Bedarf bei gleichbleibender Miete bei 1278 €.
Bekommt ihr ein Baby steigt euer Bedarf auf 1528 €. Vorausgesetzt ihr wohnt die ganze Zeit in derselben kleinen Wohnung. Ein Umzug in eine größere angemessene Wohnung erhöht euren Bedarf natürlich.
Es ist keine Schande erstmal arbeitslos nach dem Studium zu sein. Wie du siehst führen viele Wege nach Rom. Wenn du jetzt den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr siehst, dann ist das nicht deine Schuld. Das Thema ist einfach so komplex. Vieles greift ineinander und bedingt sich gegenseitig. Ich habe viel Zeit und Nerven investiert, um dahinter zu steigen.
Was die Wahl der Strategie angeht, hast du eigentlich gar keine Wahl. Die Leistungen sind streng hierarchisch aufgebaut. Am besten du klapperst eine nach der anderen in genau der Reihenfolge ab, wie sie in diesem Artikel aufgeführt sind.
Leider ist für jede dieser Leistungen ein anderes Amt zuständig, was für dich viel Rennerei und endlose Beratung bedeuten kann. Ich selbst hatte gerade allen ernstes 11 verschiedene Gespräche mit allen möglichen Mitarbeitern im Jobcenter und Arbeitsamt. Hinzukommen tagelange Internetrecherche, Tränen, Schweiß und Wutanfälle, um endlich die richtige Lösung für die Übergangszeit zwischen Studium und Job für mich und meine kleine Familie zu finden.
Jetzt, wo ich diesen ganzen Papierkrieg durchschaut habe, möchte ich dir mein Schicksal ersparen. Um das zu ermöglichen arbeite ich gerade an einem Antrags-Tool, mit dem du mit wenigen Klicks, deine Leistungsansprüche für die Zeit während und nach dem Studium checken und ggf. sofort alle nötigen Anträge ausgefüllt ausdrucken kannst. Alles an einem Ort ohne Rennerei.
Amanda
ich finde deine Blogs und Videos sehr informativ und inspirierend.
Ich habe eine Frage und folgendes Problem:
Ich bin eigentlich kurz vor Ende meines Bachelorstudiums und müsste die Arbeit dieses Semester abgeben.
Ursprünglich wollte ich im Wintersemester dann mit meinem Master beginnen.
Mittlerweile bin ich im 7. Monat schwanger und deshalb ist für mich alles anders und komplizierter.
Mein Freund und ich sind umgezogen, für unser Kind. Das hat mich alles so gestresst, dass ich natürlich nicht wie geplant zum Schreiben gekommen bin.
Ich habe viel Zeit damit verbracht, wie es finanziell weitergehen kann und habe sogar schon einen ALG2 Antrag gestellt, obwohl der Anspruch ja auch stark davon abhängt, ob ich in diesem Semester fertig werde oder abbreche. (??)
Ich habe eigentlich nur wenige Opitionen:
Entweder ich ziehe es jetzt gestresst durch und gebe eine wahrscheinlich eher weniger befriedigende BA ab (wobei ich dann meinen Studentenstatus verlieren würde und offiziell ein abgeschlossenes Studium hätte, aber arbeitslos wäre) oder ich breche die BA ab, mache ein Urlaubssemester und werde erstmal in Ruhe Mutter (wodurch ich hoffentlich auch Anspruch auf ALG2 für das Semester hätte) und versuche es dann ein Semester später erneut mit der Bachelorarbeit. Bei der zweiten Option hätte ich aber wenigsten den Studentenstatus weiterhin, was in Bezug auf einige Gelder vorteilhaft wäre oder??
Ich war noch nie so verzweifelt und habe starke Zukunftsängste.
Was würdest du mir raten?
Vielen Dank im Voraus.
Liebe Grüße
Amanda
Luisa Todisco
das klingt jetzt erstmal voll asozial, aber ich verstehe das Problem nicht. Warum stresst du dich so furchtbar? Was soll denn schlimmes passieren? Wenn du die BA gerade nicht gebacken kriegst, ist das halt so. Brich ab und starte später nochmal durch, wenn der Kopf es zulässt. Du brichst ja nicht das Studium ab. Das ist nur eine Pause. Kein Verbrechen. Nicht mehr und nicht weniger. Zukunftsängste hat jeder Mal, aber lass die Ängste an sich nicht zum Problem werden. Es ist doch noch gar nichts schlimmes passiert (hoffe ich jedenfalls). Entspann dich und kraul den Kugelbauch :). Im Urlaubssemester verierst kannst du ALG2 beziehen. Du kannst aber auch normal immatrikuliert bleiben und BAföG beziehen. Wegen Corona bekommen automatisch alle länger BAföG. Ob nun ALG2 oder BAföG besser für dich ist, kann ich nicht beurteilen. Mit Kind sind auch ganz abgefahrene Kombis möglich. Guck mal hier: https://www.studierenplus.de/studieren-mit-kind/studieren-mit-kind-finanzielle-unterstuetzung/
Stefy
Außerdem ist die Schule für dieses Jahr online, aber dann wird sie persönlich sein, und sie ist nicht in Deutschland. In der Tat möchte ich in ein paar Monaten in das neue Land ziehen.
Luisa Todisco
frag das bitte dein Arbeitsamt. Ich hab davon keine Ahnung. Ich weiß nur, dass du dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen musst, sprich, du musst jederzeit Jobs annehmen können. Dem darf nichts im Wege stehen.
Abubakr Saydullo
vorab besten Dank für deine Publikation hier.
Nun wie alle anderen hätte ich eine Frage:
Bin ein ausländischer Mitbürger hier in Deutschland, (nicht EU-Land). Habe hier 3 Jahre Dual studiert und war, bin immer noch Sozial- und Arbeitslosenversichert. Habe mich bei paar Unternehmen beworben und warte nun auf eine Einladung zum VG.
In der Zeit, bis wann ich eine Stelle bekomme, habe ich Anspruch auf Arbeitslosen Geld 1, H4, oder irgendwelche Möglichkeiten, damit ich die Miete zahlen kann?
Besten Dank Dir im Voraus.
Abu
Luisa Todisco
ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung. Um ALG1 zu bekommen, muss man mindesten 12 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Alles andere hat mit deinem Aufenthaltstitel zu tun. Da fra am besten die Ämter.
Leonhard
ich hab folgendes Problem ich bin arbeitsuchend gemeldet seit Januar 2021, habe nebenher zum Studium als Massagetherapeut gearbeitet. In diesem Semester habe ich meine Abschlussarbeit (Master) angemeldet und bin schon fast fertig. Corona bedingt brauche ich jedoch länger bis ich die Arbeit mit vernünftigen Inhalt abgeben kann.
Ich stehe nun vor der Entscheidung mich zum SS2021 rückzumelden. Kann ich, obwohl ich noch nicht den Abschluss habe zum April Arbeitslosengeld 2 beantragen? Ich werde dann ja exmatrikuliert, jedoch behalte ich den Prüfunganspruch.
Dazu kommt, dass die KFW zum April auch schon Geld sehen will.
Liebe Grüße
Leonhard
Luisa Todisco
du musst das Studium abschließen. Solange du noch schreibst, hast du keinen Anspruch. Du musst erst abgeben. Um ein Anrecht auf ALG zu haben, muss man dem Arbeitsmarkt offiziell mindestens 15. Stunden pro Woche zur Verfügung zu stellen. Das ist nicht der Fall solange u in Vollzeit studierst. Ich musste mich sogar exmatrikulieren, obwohl nur noch das Kolloqium offen war. Was das angeht bin ich also nicht sicher, aber was ALG während des Schreibens bei Vollzeit Immatrikulation angeht bin ich schon ziemlich sicher.
Shay
20. JULI 2020 UM 17:27 UHR
Hey Joe,
wo hast du das denn gelesen? eine Bedarfsgemeinschaft sind alle Haushaltsangehörigen. Unabhängig vom alter oder Verwandtschaftsverhältnis."
Nun gibt BMAS folgende Information:
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören:
dem Haushalt angehörende unverheiratete Kinder unter 25 Jahren (es sei denn, das Kind hat selbst ausreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen);
die Eltern bzw. der Elternteil eines unverheirateten, erwerbsfähigen, unter 25-jährigen Kindes, wenn sie in einem Haushalt zusammenleben. Auch der im gleichen Haushalt lebende Partner des Elternteils gehört zur Bedarfsgemeinschaft.
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nicht
Kinder, die ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können,
verheiratete Kinder und Kinder, die bereits 25 Jahre alt sind, auch wenn sie mit den Eltern zusammen wohnen,
Auch die Angabe mit den 3 Jahren für ALG I zweifle ich stark an.
Leo
Leo
Luisa
ja, wenn man nicht studiert und die Eltern nicht genug Einkommen für alle Haushaltsmitglieder haben.
Joe Sia
Luisa Todisco
wo hast du das denn gelesen? eine Bedarfsgemeinschaft sind alle Haushaltsangehörigen. Unabhängig vom alter oder Verwandtschaftsverhältnis. Ausnahmen sind WGs, wo aus finanziellen Gründen nur die Adresse, das Bad und die Küche miteinander geteilt werden. Das stellt jeder Mitbewohner einen eigenen Haushalt dar. Die Bedarfsgemeinschaft hat also nur was mit den Haushaltsmitgliedern zu tun. Ziehst du mit 18 bei deinen Eltern aus, wird auch schon mit 18 das Einkommen deiner Eltern nicht mehr dazugerechnet.
Ich gehe mal davon aus, dass wir hier nicht von BAföG, sondern Wohngeld oder Hartz 4 reden.
R. Albert
Luisa
LG Luisa
M.
Ich habe im Internet nur von 2 Jahren gelesen. Wie kommt ihr auf die drei Jahre? Das wäre sehr wichtig für mich zu wissen, da ich bei den drei Jahren noch Anspruch hätte, bei den zwei Jahren allerdings nicht.
"Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I) hat nur, wer in den letzten drei Jahren mindestens ein Jahr sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat, also Teilzeit oder Vollzeit"
Viele Grüße und danke für eure Infos :-)
Kan
Liebe Grüße
Kan
Luisa
Was denkst du?